Getäuscht: „Wir sehen…

…die Dinge nicht, wie sie sind, sondern so, wie wir sind.“ So steht es wohl im Talmud. Und ja, so ist vanier_ichUndDu_coveres auch, merke ich oft, wenn ich über meine Bewertungen nachdenke. Jean Vanier schreibt in seinem Buch: Ich und Du: dem anderen als Mensch begegnen

Wir sehen die Welt nur mit unseren eigenen Augen; wir sind unfrei und können deshalb die Menschen nicht so sehen, wie Gott sie sieht. Wir sehen die Menschen mit der Brille unserer Wunden, unserer Schwierigkeiten, unserer Vorurteile bedürfen der Befreiung,…
…um die Menschen mit Behinderungen so zu sehen, wie Gott sie sieht. Um die Menschen anderer Kulturen so zu sehen, wie Gott sie sieht. Um von der Art befreit zu werden, wie wir sehen, und zu versuchen, sie zu verstehen. Wir alle haben Ängste und Vorurteile. Es ist wichtig, zu entdecken, woher unsere Wut und Gewalttätigkeit stammen und wie sich mit ihnen leben lässt. Es ist wichtig, eine Möglichkeit der Verwandlung zu finden, sodass sich Angst und Hass in positive Energien umwandeln lassen.

Das ist ein weiter Weg…

Eigentlich ist das Ding noch schwieriger. Denn wie schwer fällt es oft Nachbarn, Kollegen, Mitmenschen so zu sehen, wie Gott sie sieht. Auf diesem Weg kommen wir an einer Begegnung mit unseren Ängsten nicht vorbei. Denn sie sind es oftmals, die uns unseren Blick trüben:

„Wovor hast du am meisten Angst? Ist das die Angst, nicht mehr geachtet zu werden? Ist es die Angst beiseite geschoben zu werden? Ist es die Angst, nicht mehr geliebt zu werden? Ist es die Angst vor dem Sterben?“ Wovor fürchten wir uns eigentlich? Denn aus Furcht und Angst kann Hass entstehen und aus Hass kann Krieg entstehen.

Wir müssen es lernen, uns unsere Ängste genauer anzusehen, denn wir dürfen uns nicht von Angst beherrschen lassen. Wir müssen unseren Ängsten direkt ins Gesicht sehen und das können wir nicht immer von uns aus tun.
Wir brauchen dafür Hilfe…

Denn oft ist das Kind schon längst „in den Brunnen gefallen“. Und wie so oft scheint erst der Leidensdruck die Tür zum Besseren zu öffnen:

Wenn wir verletzt worden sind, verfallen wir oft in Niedergeschlagenheit oder Gewalttätigkeit. Wir verschließen uns in Wut und Traurigkeit oder sind auf Rache aus. Aber zuweilen kommen Menschen zu dem Entschluss: „Das kann nicht mehr so weitergehen. (…)

(…) Den Menschen einfach zu sagen, was sie tun müssen, bringt nichts …

Idealerweise würden wir in sozialen Strukturen leben, in der wir Kompetenzen entwickeln, mit denen wir Konflikten früh und wirkungsvoll begegnen. Unseren Blick wieder aufhellen. Das Ziel wäre eine Haltung, die sich in folgender Formulierung widerspiegelt:

Früher pflegten wir zu sagen: „Wenn du dich änderst, liebe ich dich.“ Jetzt fangen wir an, zueinander zu sagen: „Wenn ich dich liebe, änderst du dich und auch ich ändere mich.“

Es gibt Wege dahin.

S.

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